Das 3. Jahr in Folge zieht es Kai und mich in unser geschätztes Waldferiendorf , um uns in Ruhe Erholung und behagliches, pflichten- und stressfreies Nichtstun zu gönnen. Früh sind wir dieses Mal dran – Anfang September -, und wieder haben wir ganz überwiegend unglaubliches Glück mit dem Wetter. Anders ist dieses Mal die Anreise: Wir stehen sehr früh auf (für unsere Verhältnisse, versteht sich), und fahren schon kurz nach 7:00h am 31.08.19 los. Tatsächlich haben wir die Strecke mit rund 9 1/2 Stunden noch nie so schnell hinter uns gebracht und können sogar noch den Nachmittag mit Sonne am Ferienhaus genießen. Dieses Mal ist es von Anfang an ein äußerst entspanntes Gefühl: Weder muss ich mich auf ein Bewerbungsgespräch vorbereiten (wie 2017) noch ist der Urlaub von Sorgen wegen der Krankheit der alt gewordenen Mütter überschattet (wie 2018). Es ist tiefes Durchatmen angesagt, und das tun wir auch.
Gleich am Anfang steht für mich wieder eine Tour mit Treegirl an, mit 2 Übernachtungen im Freien.
Nochmals kann ich dabei mit einer Leihgabe von Treegirl testen, ob ich doch noch eine Freundin von gathered-ends-Hängematten werde. Wir starten am 03.09.19 wieder in Spiegelhütte, wieder bei Bilderbuchwetter und gehen wieder im Wesentlichen über die Schachten. Allerdings gehen wir dieses Mal, oben auf Schachtenniveau angekommen, in die andere Richtung. Bei unserem gemeinsamen Vorhaben hat es sich schon bewährt, dass wir beide keine Kilometerfresser sind und vor allem Landschaft, Wetter, freie Zeit, die Sonne und das Draußen-sein an sich genießen und nicht zu strapaziöse 3 Tage und 2 Nächte in den höheren Lagen des Bayerischen Walds wandern und im 1.000-Sterne Hotel übernachten wollen. Die Belohnung für den ersten Anstieg kommt ziemlich bald: Ein Meer von Heidelbeeren erwartet uns, reif, dunkelblau und süß.
Viele der Heidelbeerbüsche sind für einen Fuchspo zu hoch, sodass wir das Risiko für Fuchsbandwürmer nach hinten sortieren können. Mit lila Fingern und Lippen geht es weiter, bald von den sonnigen Hochflächen in schönen Mischwald. Am Rand der Freifläche machen wir an einer Hütte Pause, die den Hirtenunterkünften früherer Zeiten nachempfunden ist.
Dort bereiten wir unser Abendessen zu; ich habe dieses Mal selbst gemachte Trekkingmahlzeiten vorbereitet, deren Rezepte ich hier entdeckt und nachgebaut habe; heute soll es Tomatennudeln mit Pinienkernen geben. Tatsächlich ist dieses Fresschen ziemlich lecker.
Danach gehen wir weiter, und schlagen uns nach einer Weile abseits in den Wald, an den Rand einer Lichtung. Treegirl möchte so weit wie möglich am Rand schlafen, um nichts „von der Show“ zu verpassen, die sie hier heute in der Nacht erwartet.
Um es vorweg zu nehmen: Es war nichts mit der Show – kein Reh, kein Hirsch, kein Schwein kommt vorbei. Wahrscheinlich nicht einmal eine Maus oder andere kleine Tiere. Es war einfach nur ganz, ganz still und sternenklar. Ich muss allerdings feststellen, dass ich immer noch keine Freundin von gathered-ends-Hängematten bin, ich drehe mich hin und her, wache oft auf, und habe zwischendurch auch etwas Rückenschmerzen.
Gegen Morgen ist es besser, die Schmerzen sind weg und der Blick geht direkt in den sonnendurchfluteten Wald – ein Anblick, der zumindest bei mir immer wieder auf unbeschreibliche Weise alles in’s Lot bringt und wohltut.
Wir bauen ab, gehen zurück auf den Weg und machen uns in einer Schutzhütte unser Frühstück. Es hat sich bewährt, die Übernachtung vom Kochen und Essen zu trennen: Es minimiert die Zeit, in der man riskiert, mitten im Wald darauf angesprochen zu werden, was man dort tut. Mit gepacktem Rucksack und ohne erkennbares Übernachtungsequipment ist die Sache entspannter, ganz zu schweigen davon, dass eine Hütte mit Bänken für das Frühstück viel komfortabler ist. Eine gute Stelle zum Übernachten ist eben nicht automatisch auch eine gute Stelle zum Kochen und essen und umgekehrt.
Nach der Hütte geht es weiter durch Wald, über einen weitere freie Hochfläche (auf der die eingezeichnete Quelle allerdings zugebaut ist), bald einen Hang hinunter, und wir sind froh, als wir auf den Rindelbach stoßen, den wir zum Waschen (Frauen und Geschirr) und Auftanken nutzen.
Dieses Jahr habe ich einen neuen Wasserfilter dabei, aber wir nutzen ihn nicht, denn die Quellen der Zuflüsse sind nur einige Hundert Meter weit weg und passieren auf ihrem Weg hierher weder Siedlungen noch Felder oder Weiden.
Danach geht es eine Weile hoch, und wir sind nicht mehr ganz so allein, denn dies ist einer der Zuwege zum Falkenstein. Am Nachmittag kommen wir wieder auf eine Hochfläche, und an einem Rastplatz halten wir an, lassen uns von der Sonne bescheinen und machen das Abendessen. Die heutige kulinarische Offenbarung ist mit getrockneten Pilzen und Röstzwiebeln erweiterter Kartoffelbrei. Auch ok, kommt aber an das Essen vom Vortag nicht ganz heran. Treegirl steuert Veggiewürstchen bei. Wir bleiben eine ganze Weile, es ist warm und der Blick fantastisch.
Dann wird es Zeit, aufzubrechen, wenn wir noch in Ruhe den nächsten Übernachtungsplatz suchen und aufbauen wollen. Dieses Mal dauert es tatsächlich etwas länger, denn wir kommen durch Gelände mit viel Totholz und Gestrüpp. Endlich finden wir eine Stelle, die zwar nicht ganz so schön ist wie die letzte, aber sehr akzeptabel.
Als es dunkel geworden ist und wir gerade in unseren Hängematten liegen, hören wir am Hang über uns einzelne Schritte – wie von einem größeren Tier – und dann Gepolter. Dann ist und bleibt es ganz still. Wir können uns vorstellen, dass dort ein Hirsch gegangen und in der Finsternis über das viele herum liegende Totholz gestolpert und gestürzt sein könnte. Im Dunkeln können wir nicht viel machen und müssen abwarten. Ansonsten bleibt es ruhig, so wie in der letzten Nacht – nur ganz entfernt sind einige Geräusche vom nächsten Ort zu hören.
Am nächsten Morgen läuft wieder alles wie gehabt: Abbauen, dem Gefährten per sms berichten, dass ich die Nacht unbeschadet überlebt habe, aufbrechen, und einen Platz für das Frühstück suchen. Auf dem Weg dorthin halten wir Ausschau nach der Ursache für das nächtliche Gepolter, können aber nichts erkennen. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich hoffe, dass dort kein Tier verunglückt ist.
Nach einiger Zeit kommen wir an einen asphaltierten Forstweg, und in einer Kehre an eine Schutzhütte in – hm – mittelidyllischer Lage, aber dafür ganz praktisch zum Frühstücken. Danach wird der Weg einfacher, und führt bergab Richtung Zwieslerwaldhaus.
Wir gehen am Rand des Ortes entlang, kehren aber nicht ein, sondern tanken am Großen Steinbach auf – und müssen feststellen, dass entweder das Wasser von sich aus oder durch den Filter einen ziemlich scheußlichen Geschmack hat. Egal – unsere Tour geht zur Neige, und wir müssen nicht mehr kochen. Nach dem Ort biegen wir auf einen Weg Richtung Ludwigsthal ab und passieren das Wildniscamp Falkenstein, eine ganz interessante Einrichtung für Schulklassen, und große Gruppen mit verschiedenen Hüttentypen auf einem weitläufigen Gelände. Wir überlegen, ob dies ein möglicher Veranstaltungsort für das Hängemattentreffen sein könnte, kommen aber zu der Überzeugung, dass es dafür nicht ideal wäre: Der Weg führt mitten hindurch und jeder Passant würde viele Fragen stellen, und die Infrastruktur mit den Hütten und der Küche im Zentralgebäude würden die Hängemattisten wenig bis gar nicht nutzen. Wir gehen weiter, und haben nun breite, bequeme Forstwege vor uns. Das Himmel hat sich bezogen, und als wir schließlich am Luchsgehege im Tierfreigelände Ludwigsthal ankommen, beginnt es zu regnen. Wir kehren im Haus zur Wildnis ein und essen jede eine ordentliche Portion, bevor wir zum kleinen Bahnhof gehen, wo wir in die Waldbahn einsteigen, die uns über Zwiesel und Bettmansäge nach Regen bringt, wo uns Kai abholt.
Wieder waren es wunderbare Tage (und interessante Nächte), aber wieder habe ich festgestellt, dass ich weder in der einen noch in der anderen von Treegirl extra geliehenen Hängematte richtig gut geschlafen habe – aber doch entspannt etappenweise schlummern konnte. Vielleicht ist es doch eine Gewöhnungssache und Liebe auf den 5. Blick, während ich mich in meine Koma als Brückenhängematte sofort verliebt habe.
Nach den intensiven Tagen draußen unternehmen Kai und ich nicht gleich wieder eine Wandertour, sondern besuchen wie jedes Mal hier eine der touristisch ausgebauten Glashütten und bummeln genüsslich durch die gläsernen Dinge aller Art, von einfachen Trinkgläsern, über bunte, gläserne Figuren für den Garten, über Schmuck und Halbedelsteine bis hin zu Textilien; und natürlich müssen wir auch einkehren. Alles ist herrlich entspannt und wir genießen die Zeit sehr.