Draußen abhängen

Wer hätte das gedacht: ich bin plötzlich in diesem Jahr zum erleuchteten Hängematten-Fan geworden. Die Rede ist nicht von den sehr einfachen Netzhängematten, die ich noch aus fernen Kindertagen erinnere, auch nicht die oft bunt gestreiften Stabhängematten, die heute in vielen Gärten benutzt werden. Selbst bei diesem Thema ist es wie so oft: Beschäftigt man sich einmal mehr damit, tut sich gleich eine ganze Fachwelt auf. Inzwischen weiß ich ein bisschen mehr und habe selbst schon einige Matten im Gebrauch.

Wer weiß, vielleicht hat es mit dem jungen Trekker zu tun, den ich dieses Jahr auf dem lykischen Weg getroffen habe und der mit seiner Matte schon lange unterwegs war (dummerweise habe ich mir sein Equipment nicht näher angesehen). Möglicherweise ist da irgendetwas eingesickert, verstärkt durch diverse Filmchen zum Thema auf YouTube. Auf jeden Fall habe ich mehrfach bei Wanderungen zum Entspannen zwischendurch eine Matte dabei gehabt, wie hier in der Rhön (Bericht kommt später)

Oder hier

Oder natürlich auch im eigenen Garten, nun mit einer anderen, besonderen Hängematte:

Meine neue Hängematte "Koma"

Meine neue Hängematte „Koma“

Ich muss sagen, es überrascht mich selbst am allermeisten, wie gern ich insbesondere in der „Koma“ von Dendronaut liege und in diesem „Nest“ auch ganz tief und fest schlafe (der Name kommt nicht von ungefähr). Kaum war die Matte da, habe ich in Folge 3 Nächte darin geschlafen, allerdings in der 2. Nacht unterbrochen von einem Gewitter gegen Morgen, vor dem ich schnell in mein zivilisiertes, normales Bett geflüchtet bin.

Bis vor knapp 2 Wochen (heute ist immerhin schon der 29.09.16) hatten wir hier noch einen unerwarteten, späten Ausgleich für den wenig sommerlichen Sommer. Ich habe diese kurze Gnadenfrist vor dem Herbst noch genutzt und bin sogar noch zum Großensee gefahren, zum Baden (herrlich). Die Nächte waren sternenklar, beschienen von einem fast vollen Mond, windstill und warm. Unter solchen Idealbedingungen gleicht es einem Traum, aufzuwachen, den samtenen Himmel über sich zu sehen und den stillen Garten im blassen Licht. Das ist in einem Zelt nicht möglich, es sei denn, man stellt nur ein Innenzelt aus Meshgewebe auf. Ein Biwaksack wäre die Alternative zum Sternegucken, wäre aber meistens enger (und wärmer – was manchmal gut sein kann, manchmal aber auch zu viel ist).

Die Vorteile einer Hängematte sind natürlich, dass man eben nicht direkt auf dem Boden schläft. Auch das gewohnte normale Bett hat ja Abstand zum Boden. Die Hängematte draußen schützt außerdem vor Krabbelviechern und Schnecken, und natürlich: sie schaukelt sachte wie eine Wiege, und spricht damit etwas sehr tiefsitzend Behagliches an. Auch bietet sie eine schöne Sitzgelegenheit. Allerdings ist man unterwegs darauf angewiesen, Ankerpunkte zum Aufhängen zu finden – während der Untergrund auch feucht, uneben oder steinig sein kann (der letzte Punkt ist noch ein Vorteil). Waldgebiete wären demnach ideal, Macchia, Fjäll, Hochgebirge dagegen schwierig bis unmöglich, nur ein Notbiwak wäre dann noch denkbar.

Beim Gewicht kommt man nicht automatisch besser weg. Mein geliebtes und ultraleichtes Zelt von Tarptent, das  Protrail,

Tarptent Protrail

Tarptent Protrail

bringt  mit den beiden Aufstellstangen und 6 Titanheringen  und inklusive Tyvekunterlage  nur 1.140 Gramm auf die Waage, sogar noch weniger, wenn man einen Trekkingstock für das Kopfende und irgendein Stöckchen aus dem Wald für das Fußende nutzt. Wenn ich einen ebenso kompletten Wetterschutz mit einer Hängematte aufbauen möchte, muss ich ein Tarp einrechnen. Dann komme ich mit der ultrabequemen Koma einschließlich Aufhängung (ziemlich genau 1.000 Gramm) plus Tarp inklusive Ridgeline, Abspannschnüren und Heringen (DD Hammock superlight 2,90m*3,00m 670 Gramm) auf insgesamt  1.670 Gramm. Anders sieht es natürlich aus, wenn man eine leichtere Hängematte (z.B. die Amazonas traveller extreme mit 725 Gramm inklusive Aufhängung microrope) oder ein etwas schwereres Zelt (z.B. mein Vaude Hogan UL 2P )

Vaude Hogan UL 2P (und unbekannte Liege)

Vaude Hogan UL 2P (und unbekannte Liege)

einpackt, das ohne Unterlage auf 1.800 Gramm kommt. Ein vergleichbares Gewicht hätte in etwa das Double Rainbow,

Tarptent Double Rainbow auf der dänischen Seite der Flensburger Förde

Tarptent Double Rainbow auf der dänischen Seite der Flensburger Förde

gleichfalls von Tarptent mit 1.390 Gramm + Tyvekunterlage 230 Gramm = 1.620 Gramm.

Die „Koma“ ist eine Bridge-Hammock und  wird von einer kleinen deutschen Firma gefertigt. Die liebevolle Detailarbeit zeigt sich schon im Aufbewahrungsbeutel, der einen eingenähten Boden und sogar eine Metallöse für das Zugband hat (so etwas habe ich sonst noch nie gesehen) und setzt sich überall fort: Bei der Wahl der Zutaten ebenso wie bei der Verarbeitung (z.B. bei den soliden, z.T. extra eingefassten Nähten – es gibt nirgendwo eine offene bzw. nur versäuberte Kante, auch nicht dort, wo man normalerweise nicht hinsieht) und dem perfekten Schnitt. Diese Hängemattenart gibt es sonst nur in den USA, und scheint selbst dort (noch?) nicht sehr häufig zu sein.

Die meisten Hängematten sind „gathered ends“, d.h., im Wesentlichen ein großes Stück Stoff (gut sind etwa 2 X 3 m) z.B. aus Fallschirmseide, mit oder ohne Moskitonetz, an den Enden zusammengefasst und dort mit dem Aufhängesystem verbunden, wofür es verschiedene Möglichkeiten gibt – auch dies wieder eine kleine Wissenschaft für sich.

Für die Bequemlichkeit ist es wichtig, dass man in diesem Hängemattentyp nicht parallel zur Längsachse liegt, sondern diagonal, dann hängt man deutlich weniger durch. Ich habe durchaus schon ein paar Stunden in meiner Amazonas Traveller extreme (siehe auch oben, Bilder aus der Rhön und dem Sachsenwald) bequem geschlafen, gedöst, geträumt, meditiert….

Traveller extreme von Amazonas

Traveller extreme von Amazonas

Eine  Bridgehammock ist aber noch einmal etwas ganz anderes. Sie hat den Vorteil, dass man darin bedingt durch die Bauform praktisch automatisch sehr eben liegt und sich nicht diagonal ausrichten muss. Zudem werden durch die Querspreizen die Seitenwände vom Körper weg gehalten, sodass man sich nicht von der Hängematte „bedrängt“ fühlt.

Im neuen Lieblingsschlafplatz draußen

Im neuen Lieblingsschlafplatz draußen

Die Koma und auch viele „gathered ends“ haben ein Einschubfach für eine Iso-Matte, die man erstaunlicherweise praktisch immer braucht – selbst noch bei knapp über 20°C. Auch ein dicker Schlafsack reicht nicht für die Isolierung von unten, weil das Iso-Material platt gedrückt wird. Ein Underquilt (quasi die untere Hälfte eines Schlafsacks) als Alternative zur Isomatte bringt man deshalb unter der Hängematte an. Einen Underquilt habe ich (noch) nicht, aber wer weiß, für das gesteigerte Hängemattenfeeling kann sich das noch ändern.

Auf jeden Fall bin ich jetzt schon ganz sicher, dass ich meine Hängematte gefunden habe.