Im Bayerischen Wald und im Harz

Im Bayerischen Wald waren Kai und ich schon oft, zuletzt vor 4 Jahren. Dieses Jahr hatte ich nun Gelegenheit, festzustellen, wie sehr mir diese Gegend an’s Herz gewachsen ist. Ich habe mich in der Mischung aus Hügeln (im Zentrum des Nationalparks auch ernster zu nehmende Tausender), Wäldern und Wiesen ohne großes Tourismusgedränge schon immer sehr wohl gefühlt, und eigenartigerweise gar nicht fremd. Dazu tragen auch die ungezählten Wandermöglichkeiten bei, ganz nach Lust und Wetter mit unterschiedlichstem Anspruch und Charakter.

Die Anreise war dieses Mal allerdings ein Problemchen für sich. Das Auto hatte kurz vor Halle eine Panne, die der ziemlich schnell eingetroffene ADAC-Mitarbeiter vor Ort nicht lösen konnte. Wir mussten also mit einem weiteren, größeren ADAC-Abschlepp-LKW zur nächsten Werkstatt am Stadtrand von Halle gebracht werden. Am Samstagabend gegen 18:00 war dort aber bereits alles verschlossen, und wir konnten froh sein, im Zentrum der Stadt noch ein Mietauto organisieren zu können. Bis wir wieder zum Auto zurück gekehrt waren und das ganze Gepäck umgeladen hatten, war es schließlich etwa 22:00 und etwa 3:15, als wir endlich, endlich am Ziel – im gebuchten Ferienhaus bei Regen (so heißen ein Fluss und ein Städtchen im bayerischen Wald) – ankamen. In Halle zu übernachten, wäre keine gute Alternative gewesen, denn am nächsten Tag, einem Sonntag, wäre das Auto auch nicht repariert worden, und es war überhaupt unklar, wann es wieder einsatzfähig sein würde. Später stellte sich heraus, dass die Benzinpumpe defekt war; das hatte dazu geführt, dass der Wagen in voller Fahrt auf der Autobahn plötzlich ausging – übrigens gar kein gutes Gefühl.

Aber in Regen selbst erwartete uns allerschönstes Wetter, das bis zu unserer Abreise 10 Tage lang sehr beständig warm und ganz überwiegend sonnig blieb.

Unter solchen Bedingungen war es einfach ein Genuss, verschiedene Wanderungen zu unternehmen und durch die grün-orange-goldenen Wälder zu streifen. Hier ein paar Eindrücke:

Am Sonntag nach der Ankunft waren wir noch recht kaputt und konnten draußen auf den Wiesenflächen um das Haus einfach faul die fast sommerliche Sonne genießen. Erst gegen Abend ging’s in den Nachbarort Weißenstein, um dort bei schönsten Spätnachmittagssonnenschein draußen im Biergarten in der Nähe der Burgruine leckere Kasnudeln zu essen.

Der Folgetag war erneut ein Bilderbuchtag. Blauer Himmel, davor grüne und sich allmählich gelb färbende Bäume, und dazu durch die laue Luft schwebende Altweibersommerfäden. Unter solch wunderbaren Bedingungen sind wir von Hermannsried in der Nähe von Bischofsmais zum Landshuter Haus hinauf gegangen, und nach einer Einkehrpause mit fantastischen Weitblick bis zum Hauptkamm des Bayerischen Walds durch die Wüstung Oberbreitenau in einem Borgen zurück. Eine schöne, abwechslungsreiche Halbtagesunternehmung, während der ich auch meinen Wasserfilter (er ist ja so schön klein, dass man ihn überallhin mitnehmen kann) eingesetzt habe: es gibt einige Bäche, deren Quellen weiter oberhalb des Wegs am Hang entspringen. Das Wasser weiter unten habe ich sicherheitshalber trotzdem gefiltert und wieder festgestellt: Köstlich!

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Am Dienstag, 30.09.14 ging es durch den „Filz“, d.h. Moore, die heute als Naturschutzgebiete streng geschützt sind (die Rundtour ist vor Ort durchgehend mit der Kreuzotter als Zeichen markiert). Diese hübsche Wanderung ist recht dicht am Nationalpark; unser Start- und Endpunkt war an der Straße zum Kerngebiet, östlich von Spiegelau. Es war allerdings bedeckt, später sogar etwas nieselig – trotzdem ist und bleibt diese Tour schön und würde mit ihrer schotter- und asphaltarmen Wegführung durch ganz unterschiedliche Umgebungen bestimmt auch alle Kriterien für eine Zertifzierung erfüllen, vor allem wenn man auch noch auf solch ungewöhnliche Einheimische trifft:

Im Bayerischen Wald muss man natürlich nicht nur wandern, sondern unbedingt auch durch eine der Glasmanufakturen bummeln, schon wegen der Souvenirs, aber auch, weil wir schon seit vielen Jahren vorhaben, uns eines Tages einen Kronleuchter in’s Wohnzimmer zu hängen. Wir haben ihn nur noch immer nicht gefunden, den einen, in den wir uns beide gleichermaßen verlieben. An diesem Mittwoch waren wir in dieser Hinsicht wieder nicht erfolgreich, haben aber einen schönen, entspannten Tag in Drachselsried verbracht und in den weitläufigen Gartenanlagen wieder die immer noch warme Sonne genossen.

Am Donnerstag folgte dann eine kleinere Rundtour, wieder von Hermannried aus, dieses Mal in eine andere, mehr südliche Richtung. Dabei ging es über die „hölzerne Hand“ http://wildes-waldgebirge.de/redaktion/waldgebirge_detail_sagen_380.html, und teilweise war der Weg identisch mit dem Böhmweg (einem älteren Fernwanderweg) und dem Goldsteig, zumindest momentan der längste Fernwanderweg mit Prädikat in Deutschland. Tatsächlich war dieser Abschnitt auch bei dieser Rundtour  besonders hübsch.

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Am Freitag, 03.10.14 musste ich allein los, wie immer in solchen Urlauben mindestens ein Mal. Meine kleine Privattour führte zurück zu unserem Ferienhäuschen, damit ich wenigstens nur zum Startpunkt in Bischofsreut gebracht, aber nicht auch noch abgeholt werden musste. Auf dem Hollerberg in der Nähe von Weißenstein ist alles mit Moos überzogen, und alle kantigen Konturen sind  weich, wie im grünen Schnee.

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Am Samstag ging es dann zu einer Tour, die wir schon einige Male gegangen sind, und die nichts von ihrem Reiz verliert. Das letzte Mal war schon recht lange her, und wir hatten keinen Track, sondern ganz bodenständig nur einen Wanderführer. An 1-2 Stellen sind wir auch prompt etwas unsicher gewesen, sind aber wohl trotzdem so gewandert, wie es sich der Autor des Wanderführers gedacht hat. Eine abwechslungsreiche Tour, mit einigen Höhenmetern,  gleich zu Anfang mit einer Burgruine als Highlight, durch Wald, durch Wiesen, an einer Stelle zum Fluss, und auch durch kleine Orte zum Einkehren – das Ganze bei echtem Kaiserwetter. Es war einfach traumhaft.

Am Sonntag war es dann plötzlich grau und sehr kalt, und wir statteten dem Landwirtschaftsmuseum in Regen einen Besuch ab http://nlm-regen.de/. Wir waren die einzigen Besucher in den kühlen, weitläufigen Räumen mit den interessanten Exponaten, die die frühere Lebensweise recht deutlich werden lässt. Die Leute hatten keinen Stress, sie hatten existentielle Sorgen, sie waren größtenteils furchtbar arm und starben früh. Das, was wir einen Tag später am Montag unternahmen, war den Leuten damals unmöglich: einfach losgehen und ein paar Sachen zum Anziehen für einen bestimmten Zweck einkaufen. Manchmal mache ich mir das wohl nicht genügend klar…

Vom Bayerischen Wald aus ging es zum Glück noch nicht direkt wieder nachhause, sondern erst einmal in den Harz, wo wir 3 Etappen des Hexenstiegs superbequem mit Gepäcktransport wandern wollten. Das inzwischen fertig reparierte Auto abzuholen, war unkompliziert, aber mit dem Umweg über Halle war es trotzdem schon dunkel, bis wir Braunlage – Startpunkt für den nächsten Tag – erreicht hatten. Das Hotel war schnell gefunden (ich frage mich immer wieder, wie all das vor nicht allzu langer Zeit ohne Navis ging -, und am nächsten Morgen ging es bei recht dunkelgrauem, aber noch trockenem Wetter los.

Wir hatten als Strecke die Brockenumgehung gewählt, denn diese Strecke kannten wir noch nicht, während wir auf  dem Brocken schon öfter waren. Bald hatten wir den Ort verlassen, und waren inmitten der milden, diesigen Natur. Die Strecke führte allerdings parallel zu einer Bundesstraße, die wir ständig hören, und oft auch sehen konnten. Also verließen wir den Weg und gingen eine Weile quer und weglos durch den feuchten Wald; mit dieser Abkürzung war bald darauf gegen Mittag eine Einkehrung am Ortseingang von Elend zeitlich gut drin. Die kleinste Holzkirche Deutschlands (mit rund 115 Jahren deutlich jünger als die beiden benachbarten Eichen) war verschlossen, und wir konnten sie nur von außen bewundern. Inzwischen fing es nun doch an, sanft und beharrlich zu nieseln und hörte auch bis zum Nachmittag, als wir unseren nächsten Etappenort in Königshütte erreichten, nicht auf. Auch dunstige Tage haben einen besonderen Reiz…

Im Restaurant der Unterkunft standen und hingen überall an den Wänden und in den Fensterbänken tote, ausgestopfte Tiere. Im Frühstücksraum prangte ein riesiges Jägerwappen; das Ganze gegen Abend in’s rechte Licht gerückt mit Lampen, die aus Hirschgeweihen mit Energiesparbirnen in Glaskuppeln darunter bestanden. Wenigstens war im Zimmer selbst davon nichts zu sehen, und es war ruhig.

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Der 2. Tag war landschaftlich sehr reizvoll, und wegen des unverändert grauen Wetters (das jederzeit wieder nach Regen aussah) waren wir praktisch die ganze Zeit allein auf dem Weg. Dieser führte uns ab Rübeland an der Bode entlang, von der leichte Nebel aufstiegen; offenbar war das Wasser etwas wärmer als die Luft, jedenfalls sah es wunderhübsch aus. Für unsere Schuhe galt das weniger: Wegen des feuchten Wetters waren die Wege aufgeweicht und vor allem rutschig, was an den etwas steileren Stellen manchmal etwas hakelig war. Der Matsch-Morast klebte jedenfalls ziemlich schnell bis über Knöchelhöhe auch an den Hosen. Unser nächstes Übernachtungsziel war in Wendefurth, genau in dem Hotel, wo wir schon einmal vor über 10 Jahren waren. Es war auch praktisch unverändert, und das Zimmer sehr gemütlich; es bestand sogar aus 2 Zimmern, einem kleinen Wohnzimmer mit Sofa und Sesseln und dem Schlafzimmer, in dem auch ein großer Schrank viel Platz bot. Die Bundesstraße – die gar nicht so weit weg war – hörte man überhaupt nicht. Sehr zu empfehlen, auch das Essen im dazu gehörenden Restaurant.

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Am dritten und letzten Tag ging es praktisch die ganze Zeit an der Bode entlang, ein schönes, manchmal wildes Flüsschen. Das Wetter blieb trocken, aber der Hexenstieg ist hier sowieso ein gut ausgebauter Weg ohne ausgeprägte Matschpassagen. Etwas steilere Stellen gab es in Richtung Thale, wo das Bodetal nicht umsonst ein echtes Tourismus-Highlight ist: Eine spektakuläre Schlucht mit der Roßtrappe auf der einen Seite und dem Hexentanzplatz etwas später auf der anderen. Wir waren zu spät dran, um uns noch beides anzusehen und entschieden uns für den Hexentanzplatz (dort führt kein schaukelnder Sessellift hoch, bei dem mir nicht so recht wohl wäre, sondern eine Gondelbahn). Einige der Kabinen haben einen Glasboden, vermutlich bestens geeignet, um dies entweder therapeutisch gegen Höhenangstproblemchen zu nutzen oder zu schreien. Wir entschieden uns lieber für einen normalen Boden. Oben angekommen, wurde leider überall schon eingepackt, es herrschte Stühle-hochstellen-Atmosphäre. Also genossen wir den phantastischen Blick in das Harzvorland und ließen es dabei auch bewenden. Thale und der Endpunkt des Hexenstiegs sind tatsächlich auch genau am Rand des Harzes, der hier dann ziemlich plötzlich aufhört.

Von Thale aus nahmen wir dann den Bus – im Nachhinein muss ich sagen: mit der Bahn zu fahren ist besser, weil viel schneller – nach Quedlinburg, durch das wir am Abend noch etwas bummeln wollten. Wir kamen gerade recht, um in einem der vielen Restaurants in der wirklich hübschen Altstadt essen zu gehen, nachdem wir vom Bahnhof aus kommend durch den Altstadtkern und über den Marktplatz geschlendert waren. Ein hübsches Städtchen, das auch schon zu DDR-Zeiten besonders viel Erhaltung und Sanierung erfahren hat, und das wir leider nur kurz und praktisch erst im Dunkeln gesehen haben.

Fazit zu diesem Ausschnitt des Hexenstiegs: Gegen Ende hin wird der Stieg wegen der touristischen Ziele etwas voller, und er hat sich insgesamt wegen des feuchten Wetters nicht von der besten Seite gezeigt.  Aber ich kann ahnen, wie schön er – besonders der Teil am 2. Tag – unter besseren Bedingungen sein kann.