Am 20.07.18 verlasse ich die Pfalz; es ist sogar später als geplant, schließlich bin ich fast 2 Wochen hier gewesen. Wie im letzten Jahr hat sie mich mit ihrem südlichen Flair verzaubert; in den Gärten wachsen sogar an einigen Stellen Palmen und Feigenbäumchen (nicht nur in Kübeln, die man geschützt überwintern kann).Speziell an der Weinstraße am Haardtrand hat die Umgebung etwas Spektakuläres, wenn man aus dem Wald kommt und dann abrupt in die heißen Weinhänge in der breiten Rheinebene kommt – „Toskana Deutschlands“ heißt die Region nicht zu Unrecht. Dennoch wurde es Zeit für mein letztes geplantes Wandergebiet am Goldsteig.
Die Fahrt nach Marktredwitz klappt, aber wieder einmal nicht wie geplant. Ein ICE zwischen Mannheim und Stuttgart hat 20 Minuten Verspätung, und so funktionieren die Anschlüsse alle nicht mehr. Ich strande in Stuttgart für 1 Stunde und suche mir im bahnhofsnahen Schlossgarten eine Einkehrmöglichkeit. Das Gewimmel im Stuttgarter Hauptbahnhof mit viel Ellbogeneinsatz ist durchaus konkurrenzfähig mit Hamburg. Es ist wie die Tage zuvor sehr heiß und sonnig, und ich bin froh über das schattige Pausenplätzchen, weg von den Menschenmassen.
Dann geht es (mal pünktlich) weiter nach Nürnberg, und der dort vorgesehene Anschluss klappt sogar auch, so dass ich „nur“ eine Stunde später als geplant in Marktredwitz als Startort für den Goldsteig eintreffe. Das Hotel ist direkt gegenüber vom Bahnhof, und dort esse ich auch einfachheitshalber am Abend.
Am 21.07.18 hat sich das Wetter eingetrübt und abgekühlt; solange es trocken bleibt, ist es mir sehr recht so zum Wandern. Aber für den Abend sind Gewitter angekündigt, und so starte ich früh und kürze die Etappe um ca. 3km ab, indem ich eine Station mit der Bahn bis Waldershof fahre. Dort hole ich Geld, kaufe in einem herrlichen Edeka-Tante-Emma-Laden (der aber alles Wesentliche hat) Proviant für den Tag, und los geht’s. Auf den Goldsteig treffe ich beim Verlassen des Orts, und er führt mich gleich in die Hügel-Wiesen-Wald-Felder-Landschaft, die mich sehr an viele Eckchen im Bayerischen Wald erinnert. Es ist, als hätte ich ein mondänes Kleid ausgezogen und würde nun die alte geliebte Jeansjacke tragen.
Der Weg ist abwechslungsreich, es findet sich ebenso mal auf einer kleinen, wenig befahrenen Straße, wie auch auf einem sehr schmalen Pfad, der eher einem Wildwechsel gleicht. Auch die Landschaftsform drumherum bietet von allem etwas: Wald (Fichten-, Misch- und auch Buchenwald), Wiesen und Feldränder; auch einige Bäche habe ich überquert. Die Einkehrung in der Marktredwitzer Hütte kommt auf halbem Weg gerade recht. Danach geht es im Gegensatz zur ersten Hälfte fast nur noch bergab.
Alles in allem ein schöner Auftakt.
Am Sonntag, 22.07.18 lasse ich mir etwas Zeit mit dem Losgehen, denn ich bin nicht an irgendein „Öffi“ gebunden.
Allerdings räumt schon der Internetauftritt des Goldsteigs ein, es seien 16,5 km bis Falkenberg; erfahrungsgemäß kann ich meist noch etwas dazu addieren. Und so ist es auch dieses Mal: Laut Garmin sind es am Ende über 19km, laut Viewranger 18km.
Immerhin sind bei dieser Etappe nicht allzu viele Höhenmeter zu überwinden. Und hübsch ist sie, etwas ganz besonderes durch die vielen, vielen Seen, deren Ufer der Weg streift, teilweise führt er auch in der Mitte zwischen 2 Seen hindurch. Noch in Friedenfels weist der gläserne Karpfen auf diese Seenlandschaft hin.
Beim Ortsausgang wird es etwas knifflig, weil der Track für die Südvariante des Goldsteigs nicht mit der Markierung übereinstimmt. Der Track schickt mich einen Abhang hoch, auf dem taillenhohe Gräser und Blühpflanzen wachsen – und da es die ganze Nacht geregnet hatte, sind sie klatschnass. Oben angekommen stelle ich fest, dass es nicht weiter geht, und gehe durch die nassen Pflanzen unverrichteter Dinge wieder zurück. Nur meine Hose ist nun ebenfalls klatschnass…und wieder dreckig. Am Abend zuvor hatte ich die überraschenderweise in meinem Bad stehende Waschmaschine mit einigen Sachen gefüllt und diese mangels Waschmittel mit pensionseigenem Duschgel in einem Kurzprogramm durchlaufen lassen; die Hose ist nun wieder so wie vorher, erst recht, als ich etwas später doch meinen Kurs finde und auf einem steilen Wegstück abwärts mit Bodenkontakt ins Rutschen komme. Unten angekommen findet sich ein Hinweis für die bergauf Wandernden, man könne auch einen leichteren Weg um den Abhang herum nehmen. Dieser Hinweis fehlt aber oben, für diejenigen, die in meine Richtung wandern. Egal – es ist nicht kalt, und die Hose trocknet recht schnell.
In dem kleinen Ort Muckenthal sehe ich vor mir ein Paar, das ebenfalls auf dem Goldsteig unterwegs ist und in derselben Pension übernachtet hatte wie ich; sie sind allerdings sicher eine Stunde früher aufgebrochen als ich. Seltsam – sollte es Wanderer geben, die noch langsamer sind als ich? Immerhin hatten sie sich in der Pension noch ganz professionell ihren Wanderstempel geben lassen.
Nach dem kleinen Ort Muckenthal fängt dann die schon erwähnte Seenlandschaft an.
Ich mache ein kurze Trinkpause und verliere die beiden aus den Augen. Bald erreiche ich die Bahnlinie, und der Weg führt eine Weile parallel dazu, bevor man die Gleise überqueren soll. Da es hier keine automatische Steuerung für die Schranken gibt, sind diese standardmäßig geschlossen. Sie werden auf Abruf geöffnet:
Das klappt auch reibungslos, ich muss allerdings 3 Züge abwarten. Danach folgen noch weitere Seen, und endlich am Perlsee ist auch eine Bank, die ich gern nutze, nach immerhin über der Hälfte der Strecke. Gerade war die Bank noch besetzt – von dem Stempel-Paar, das aber nun aufsteht und sich wieder zum Weitergehen bereit macht. Nach einem kurzen Gruß stellen wir fest, dass wir auch heute dasselbe Ziel haben, dann gehen die Stempler weiter.
Obwohl es auch heute kein sonniger Tag ist, und trotz des relativ ebenen Wegs, bin ich durchgeschwitzt und trinke ausführlich. An den Seen habe ich nirgendwo „Baden Verboten“-Schilder gesehen, und tatsächlich überlege ich kurz, ob ich schwimmen gehe, aber die vielen aufdringliche Bremsen halten mich davon ab. Sie und die zahllosen Mücken sind bei diesen schwül-feuchten Wetter wirklich eine Plage. Ich weiß nur zu gut, dass Bremsen besondern gern auf nasser Haut landen und schmerzhaft stechen. Ich lasse daher einfach den ganz leichten Regen geschehen, der mich auch etwas erfrischt und der so sanft fällt, dass ich keinen Regenschutz nehme.
Nach den Adamsteichen führt der Goldsteig über die A93, und kurz danach in das Dorf Seidlersreuth, wo wieder das Stempel-Paar von einer Bank aufsteht und weiter geht, kaum, dass ich in Sicht komme. Wieder lasse ich einen Vorsprung, aber im Ort bleiben die beiden stehen, drehen mir den Rücken zu und sehen sich irgend etwas an, also gehe ich vorbei. Es ist auch nicht mehr so weit bis Falkenberg; obwohl ich mich an einer Stelle kurz verfranse und stehen bleibe, um die genaue Adresse des Gasthofs und eine Route dorthin herauszusuchen und die beiden mich einholen, komme ich am Ende deutlich früher an. Mal sehen, wie das morgen wird – aber viel wichtiger ist, dass es morgen kein Gewitter am Mittag gibt, wie es nach jetzigem Stand angekündigt ist.