Auf dem Lykischen Weg I

Am 21.4.15  fliege ich nach fast genau 1 Jahr wieder nach Antalya. Dieses Mal mache ich mich allein auf den Weg, um erst zu wandern und dann im Anschluss eine Woche im 5*Hotel als Kontrastprogramm zu entspannen. Dieser Urlaub vereint ganz Unterschiedliches: er ist abenteuerlich und entspannend, äußerst einfach und sehr luxuriös, anstrengend und erholsam.

Gelidonya

Dienstag, 21.04.15 Etwas schwierig ist die Anfahrt zum Flughafen, denn die Fuhlsbüttler Strasse hat offenbar ein Baustellenproblem. Kai und ich kommen erst so spät an, dass die Warteschlange sämtlicher Passagiere der voll besetzten Maschine schon komplett abgearbeitet ist. Zum Glück kann ich schnell einchecken und meinen Rucksack als Sperrgepäck – hübsch verpackt im Schwerlastmüllsack – aufgeben. Das Procedere kenne ich ja noch vom letzten Jahr. Danach ist der Flug unauffällig, und wir landen sogar noch etwas früher als angekündıgt. Das von der Besitzerin des 1. Hotels organisierte Abholen funktioniert auch, Metin und sein Sohn sind rechtzeitig da und so gegen 15:30 Uhr bin ich im Hotel. Das Zimmer ist eher DIE Zimmer, denn ich habe ein Wohnzimmer und ein Schlafzimmer, plus Bad, Flur und – ganz wichtig – einen Balkon. Ich mache mich bald auf den Weg, wechsle Geld, kaufe Äpfel, Orangensaft und natürlich Efes-Pilsen.Als Auftakt ist all das bestens geeignet.

Vom Hotel in der Altstadt Kale içi ist es nicht weit zum Yachthafen, dorthin gehe ich am Abend bummeln und zum Essen und geniesse…

Die Nacht wird allerdings etwas unruhig, denn im Nachbarhaus wird gefeiert. Trotzdem kann ich irgendwann ganz gut schlafen.

Mittwoch, 22.04.15 Das Frühstück am Morgen ist einfach super, inklusive des innerhalb von wenigen Minuten gezauberten Omeletts. Mit Kaffee halte ich mich allerdings aus Erfahrung vor der längeren Busfahrt lieber etwas zurück. Bevor ich zur nächsten Haltestelle der neuen Straßenbahn AntRay losgehe, gibt mir die Hotelchefin noch einen wichtigen Tipp: Man muss an einem Tickethäuschen die Fahrkarte kaufen, nur ist dieses Häuschen an der gegenüber liegenden Ecke. Ich finde alles, und bald geht es los. Für 3 TL fahre ich zum Otogar (ca. 1 €), und komme gerade noch rechtzeitig, um mit Antalyatours um 11:00 Uhr in Richtung Demre zu starten. Die Fahrt ist entspannend, und wie schon in der Straßenbahn bin ich natürlich auch hier die einzige Touristin, die einzige Frau mit großem Rucksack sowieso. Inzwischen zeigt sich der Himmel etwas bedeckter, und es wird auch etwas windiger. In Demre komme ich so gegen 14:15 Uhr an und mache mich auf den Weg zur Kirche des heiligen Nikolaus. Dort kann ich mich unauffällig an eine geführte deutsche Reisegruppe anschleichen und ein bisschen zuhören. Alles so weit wie geplant; womit aber gar nicht so unbedingt zu rechnen war, ist, dass draußen inzwischen ein heftiger Regenguss runtergeht, sogar mit etwas Gewitter, und es ist plötzlich auch recht kalt – nicht für Hamburger, aber doch für türkische Verhältnisse. Als es endlich weniger regnet, ist es eigentlich schon zu spät, um Myra als 2. Attraktion in Demre anzusehen UND noch weiter nach Üçagiz zu fahren. Also beschließe ich, in Demre zu übernachten und gehe zum Grandhotel Kekova. Ich sage mal so: Der Name täuscht etwas, im Nachhinein schätze ich, dass es das günstigste Hotel war, in dem ich je übernachtet habe (2 Nächte mit Frühstück: zusammen etwas über 30€; und der Preis war so auch gerechtfertigt). Insgesamt merkt man Demre / Kale an, dass es kein Übernachtungsort ist, sondern nur Tagestouristen hat. Der Ort hat außer den beiden Sehenswürdigkeiten praktisch gar nichts überhaupt Erwähnenswertes. Inzwischen haben sich  Gewitter und Regen ganz verzogen; vom Hotel aus gehe ich mit leichtem Gepäck zur antiken Stadt / bzw. dem Theater und den Felsengräbern von Myra und mache ein paar weitere Bilder. Ein so magischer Ort wie Olympos ist Myra aber nicht für mich.

Am Abend bummle ich durch das kleine Zentrum und suche mir ein Restaurant; ich muss damit klar kommen, die absolut einzige Touristin – jedenfalls allein reisende Touristin – zu sein. In dem Lokanta, das ich mir schließlich aussuche, habe ich irgendwie das Gefühl, eine Art kleineres Ereignis des Tages zu sein.Es ist offenbar gar nicht selbstverständlich, solch einen Gast zu haben.

Irgendwo in der Nähe ist immer jemand, der schon in Deutschland war und ein paar Brocken Deutsch spricht – so auch hier, der Sohn (etwa 16, 17) – war schon mal in Berlin und sagt äußerst höflich „Guten Abend, wie geht es Ihnen“. Ich kann ausgesprochen lecker und günstig essen und bekomme sogar noch einen Becher Ayran als Zugabe. Wunderbar!

Donnerstag, 22.04.15 Dies wird der 1. Tag auf dem lykischen Weg! Ich habe vor, eine reelle Etappe von Üçagiz nach Andriake (dem antiken Hafen von Demre) oder sogar ganz zurück bis in den Ort zu gehen. Da es keinen Dolmuş nach Üçagiz gibt, will ich mir nach dem Frühstück ein Taxi dorthin leisten. Der Hotelchef holt eines – nach meiner Erfahrung scheint das eine ganz gute Möglichkeit zu sein, denn so kann man noch ganz gut über den Preis verhandeln, bevor das Taxi schon vor der Tür steht. Die Fahrt dauert dann eine Weile, über kleinere und größere Straßen, und ich kann einige türkische Dörfer vom Auto aus studieren. Der kleine Ort Üçagiz  liegt tatsächlich sehr hübsch, und man kann verstehen, dass es hier eine kleine Anzahl netter Unterkünfte gibt. Es ist sogar einiges los, Ausflügler sehen sich um, offenbar auch eine türkische Schulklasse mit Jugendlichen. Bestimmt sollen sie die versunkene Stadt vor Kekova besichtigen. Ich kaufe etwas Proviant ein (Kekse, salzige Mandeln, Schokolade) und gehe die ersten Meter auf dem lykischen Weg, der hier unspektakulär zunächst auf einer schotterigen Piste verläuft. Bald erreiche ich eine Bucht mit einer kleinen Werft, danach geht es über einen steinigen Weg weiter über Wiesen durch eine hübsche grüne Ecke.

Etwas darauf treffe ich 3 deutsche Wanderer, und wir tauschen uns aus. Es ist beruhigend zu hören, dass Hunde nach deren Erfahrung nicht ein einziges Mal problematisch gewesen sind. Interessant ist auch, dass ich mir offenbar genau das richtige Zeitfenster für meine Trekkingtour  ausgerechnet habe, denn vor 1-2 Wochen war es nachts noch „brutal kalt“, wie die 3 mir erzählen. Sie hatten es von einem Paar gehört, das hauptsächlich im Zelt übernachtet hatte. Meine 2. Zeltnacht,  später bei Phaselis war dagegen schon recht warm – das bedeutete aber auch, dass die Tage dann allmählich zu heiß zum Wandern wurden – jedenfalls auf Wegen ohne Schatten.

Nett ist zwischendurch eine Rast im Smuggler’s Inn, einer kleinen Bar am Rand einer Bucht. Dort ist niemand außer mir und einer Katze, und so machen wir zusammen Pause. Die mitgebrachte Schokolade mit Pistazien erweist sich als eine der leckersten, die ich je gegessen habe.

Nur 2 Gäste im Smuggler's Inn

Nur 2 Gäste im Smuggler’s Inn

Dann wird der Weg zeitweise schwieriger, und allmählich wird mir immer klarer, dass es mit den geplanten „nur“ 13,5 km mit der abendlichen Dämmerung knapp werden könnte.  Ich kann froh sein, nur das leichte Gepäck dabei zu haben; es gibt Stellen, die ich mir mit dem Riesenrucksack nicht so ohne weiteres zugetraut hätte.

Zwischendurch passiere ich die Reste der ehemaligen Bootswerft – eigentlich eine hübsche Ecke mit schönem Blick – , bis ich endlich so gegen 17:00 die Çakıl-Bucht mit den blendend weissen Steinen erreiche, und ich stelle die dafür dankbaren Füsse in’s Mittelmeer. Bald mache ich mich wieder auf den Weg, der nun einfacher werden soll.

Wird er allerdings nicht, erst ganz gegen Ende der Etappe, als ich die armen Hütten einiger Ziegenhirtinnen erreiche.  „Gel, gel“ (komm, komm) fordert mich die älteste der Frauen auf, und wirklich ist es ungefährlich trotz der 2 großen Hunde, die mich haben zögern lassen. Der eine bellt, ist aber angeleint, der andere läuft frei, scheint aber eher ängstlich zu sein. Kurz danach kann ich die über den Fluss führende unkonventionelle Brücke an der einen Seite der Bucht überqueren und bin endlich am Strand von Andriake.

Am anderen Ende der langgezogenen Sandstrandbucht kehre ich im dortigen Minirestaurant ein, begrüsse die hier „wohnenden“ Hunde (alle nett und neugierig), trinke endlich soviel ich will (Wasser war inzwischen auch etwas knapp geworden), inhaliere einen äußerst leckeren Mokka gegen die wachsenden Kopfschmerzen und esse viel sehr leckeren Salat. Außer mir gibt es keine anderen Gäste und es dürften wohl auch keine mehr kommen, und der Inhaber des Restaurants ist bereit, mich für 20 TL in der zunehmenden Dunkelheit nach Demre zu fahren. Die Alternative wären ein (teures) Taxi oder ein längerer Fußmarsch entlang der dicht befahrenen Straße. Schliesslich bin ich am Abend wieder in meinem sehr einfachen Zimmer und froh, dass diese Etappe trotz der unerwarteten Unwegsamkeit am Ende doch gut funktioniert hat.

2015-04-23 19.27.25

Freitag, 23.04.15 Heute soll es nach Gelidonya gehen, wo ich die 1. Nacht im Freien verbringen will. Ich starte um 11:00 mit dem Bus, der mich nach Kumluca bringt; leider scheint es keinen 2. Dolmuş zu geben, der mich weiter von Kumluca nach Karaöz bringt. Es stehen aber 2 Taxis an dem kleinen Otogar, und für 100 TL – überraschend teuer –  bringt mich der Fahrer zu meinem Ziel in etwa 15 km Entfernung. Dies war dann praktisch der Ausgleich für die beiden voran gegangenen supergünstigen Übernachtungen in Demre, die etwa genauso viel gekostet haben.

In Karaöz sammle ich mich – Proviant und Wasser kaufen, Portemonnaie wegstecken (das brauche ich erst einmal nicht), Stöcke ausfahren, Hut aufsetzen, Jacke ausziehen, Arme mit Sonnenschutz eincremen – und um kurz nach 13:00 geht es endlich los. Hetzen muss ich trotzdem nicht, denn ich habe nur etwa 8 km vor mir, davon die meiste Zeit auf einem nicht asphaltierten Forststräßchen, das ganz entspannt und bequem zu gehen ist. Das Wetter ist wunderbar, klar, dabei nicht zu heiß und zumindest hier windstill. Das Forststräßchen wird oft von den Einheimischen benutzt, um mit dem Auto direkt bis zu den neu angelegten Picknickplätzen im Wald (hauptsächlich Pinien) und am Meer zu fahren. Für die Plätze wurden auch neue Wasserleitungen verlegt, und so gibt es mehrere Wasserstellen mit Waschbecken, die auch für die Wanderer auf dem lykischen Weg zum Nachtanken, Waschen und Abkühlen sehr willkommen sind.

2015-04-24 13.47.32 2015-04-24 16.11.00

Nach einer Stunde komme ich an den Abzweig, der nach etwa 400m zur „Piratenbucht“ führt (früher Hafenbucht des antiken Ortes Melanippe) und ich beschließe, dort ein Päuschen einzulegen. An der Bucht bin ich nicht gerade allein – das Wochenende hat angefangen -, aber ich suche mir ein ruhiges Plätzchen und krame den Kocher hervor, um einen schönen Kaffee zu brühen. Holz zu finden, ist kein Problem, und so habe ich bald meinen Becher mit dem wirklich kochend heißen Muntermacher in der Hand und genieße Rundumblick und Urlaubsgefühl als Zutaten für einen perfekten Moment.

Bald muss ich aber doch wieder aufbrechen, mache den rußschwarzen Topf und Kocher sauber (hier geht es ja unter laufendem Wasser), stopfe den Rucksack neu und mache mich bald wieder auf den Weg. Immer wieder kommen mir Wanderer entgegen, die meisten haben Tagesgepäck dabei und sind in Grüppchen unterwegs: mit Sicherheit (zumeist deutsche) Teilnehmer an organisierten, geführten  Wandertouren. In meine Richtung geht niemand mehr um diese Zeit – was ich sehr beruhigend finde.

Nach insgesamt knapp 6 km kommt der Abzweig zur Landspitze Gelidonya, und von hier an wird der Weg zum ausgesprochen hübschen, problemlosen Pfad.

Schließlich bin ich so um 17:45 oben angekommen und laufe direkt auf den Leuchtturm zu. Hier ist es plötzlich sehr windig, und ich suche mir auf der windabgewandten Ostseite einen Platz für das Zelt. Es ist gleich zu erkennen, dass diese Stelle nicht ganz eben und in 2 Richtungen geneigt ist, ich baue das Zelt also so auf, dass das Fußende und eine Seite minimal tiefer sind als Kopfende und die andere Längsseite. Es ist aber die einzig mögliche Stelle auf dieser Seite des Leuchtturms, und ich hoffe, dass die Neigung sich nicht allzu sehr auswirkt. Die Heringe lassen sich schwer in den harten, mit Felsen durchsetzten Boden bringen, und ich bin froh, dafür schlanke, aber stabile Titannägel mitgenommen zu haben.

Zelt auf steinharten, unebenen Boden

Zelt auf steinharten, unebenen Boden

Dann ziehe ich die verschwitzten Sachen aus, spanne eine Leine zwischen 2 Bäume, und hänge alles dorthin. Auch an die Solarlampe denke ich, und lege sie noch in die Restsonne. Dann sammle ich Holz für meinen Kocher, auch hier ist das unproblematisch. Aber vor allem muss ich unbedingt noch ein paar Bilder in der abendlichen Sonne machen…:

Und dann folgt die Wasseraktion: An der Seite des Leuchtturms ist die Zisterne, abgedeckt mit einer schweren Steinplatte mit Griffen. Der Wasserspiegel – immerhin gibt es zum Glück reichlich Wasser – ist etwa 1,50m unter der Abdeckung, und um das Wasser zu schöpfen, wird es etwas umständlich. Ich nehme einen leeren ehemaligen 5-Minuten-Terrine-Becher, der an einem der seitlichen Henkel ein Loch hat und binde ihn an eine Schnur. So hinuntergeworfen, würde er nur schwimmen, also binde ich außerdem noch einen Stein an die Schnur, damit der Becher sinkt. So funktioniert es auch, Becher für Becher das Wasser hochzuholen, sogar in vertretbarem Tempo. In der Zwischenzeit sind 4 bis 5 junge türkische Paare mit Kleinkindern angekommen, und sehen mir zu. An den kleinen Taschen und Rucksäcken ist zu sehen, dass sie hier nur die einmalige Aussicht  genießen möchten, übernachten wollen sie wohl eher nicht. Tatsächlich verabschieden sie sich bald, und ich bin erst einmal allein. Es wird allmählich dunkel, und damit Zeit, das Abendessen zu kochen, d.h. Nudeln mit Tütentomatensoße – diese aber richtig schön verfeinert mit frischem Salbei, der hier wirklich überall wächst.

Praktisch jeder 2. Busch ist Salbei

Praktisch jeder 2. Busch ist Salbei

Der Solostove macht wieder brav seinen Dienst, und dieses Mal befeuere ich ihn mit verholzten, trockenen Salbeizweigen, die nicht nur super brennen, sondern dabei auch noch wunderbar würzig duften. Nun ist ein Grüppchen Jugendlicher angekommen, und ich befürchte schon, dass sie hier über Nacht Party machen wollen, aber auch sie verschwinden wieder – allerdings erst im allerletzten Dämmerlicht. Dann bin ich wirklich allein, und es wird ganz still. Ich wische den matschigen Nudeltopf so sauber wie möglich, spüle ihn aus und bereite schließlich mein „Bett“ vor. Nun ist es inzwischen auch schon recht kühl geworden, und komplett dunkel. Also beschließe ich, bald in mein Zelt zu kriechen und noch etwas zu lesen. Ich kann schnell feststellen, dass dies eine zwar einmalige, aber auch unbequeme Nacht werden wird, denn die Matte rutscht – trotz der Silikontupfen auf der Mattenunterseite, die genau das verhindern sollen – immer wieder in die Seite und an das Fußende. Irgendwann gebe ich es auf, die Matte wieder an die richtige Stelle zu schieben und nehme in Kauf, dass der Schlafsack (Daune, wegen des Gewichts) später an der kondensnassen Seitenwand feucht wird. Ich habe nur etwas Angst, dass das gestängelose Zelt, das nur durch die Heringe und Trekkingstöcke hält, im auch noch zunehmend heftigen Wind den Halt verliert.

Trotzdem schlafe ich erst einmal ein, bis ich so um 23:30 vom Lärm des Winds (quasi Sturmstärke) aufwache. Ich beschließe, das Zelt doch noch an den zusätzlichen Abspannpunkten auf dem Boden festzutackern und haue im Stirnlampen- und Mondschein noch weitere Heringe in den steinharten Boden.  Aber ein Blick in den Sternenhimmel und seine ganze Schönheit machen die etwas lästige Aktion wett. Die restliche Nacht wird tatsächlich etwas unruhig, aber Angst habe ich überhaupt nicht, und das Zelt hält.

Samstag, 24.04.15

Am Morgen wird es schnell  sehr hell – das Zelt ist nun in der Sonne – und ich stehe um kurz nach 7:00 auf, für meine Verhältnisse früh. Ursprünglich hatte ich vor, mir gleich nach dem Aufwachen das Frühstück zu machen und quasi noch im Bett Kaffee zu trinken – aber davon komme ich schnell wieder ab, denn 1. sehe ich vorn aus meinem Zelt nicht auf das Meer, sondern auf Gestrüpp, und 2. kann ich mir vorstellen, dass bald die ersten Tageswanderer kommen werden, und dann möchte ich nicht gerade beim Anziehen sein.

Bis zum Start wird es noch etwas dauern, denn es  ist einiges zu tun, über minimales Waschen, Zelt und Bett einpacken, Wasser kochen, abwaschen, bis zum Schluss alles neu in den Rucksack stopfen …und schließlich möchte ich diesen einmaligen Morgen hier  auch noch etwas genießen. Und das tue ich auch, und ich weiß, dass ich mit diesem Becher Kaffee und dem Babybrei-Müsli immer ein ganz besonderes Frühstück in einer unvergesslichen Situation verbinden werde. Praktischerweise haben die Jugendlichen eine 1,5-l-Flasche mit Wasser stehen lassen, das ich gern benutze, so kann ich es mir sparen, noch einmal Wasser aus der Zisterne zu holen.

2015-04-25 10.07.32

Frühstück nach einer interessanten Nacht

Bald kommen tatsächlich die ersten Tageswanderer, und schließlich mache ich mich so gegen 11:00 auch auf den Weg. Gleich zu Anfang kommt erst einmal eine sehr lange Steigung. Oben angekommen, kann ich den Leuchtturm – meinen Übernachtungsplatz – kaum ausmachen.

Heute ist der Himmel nicht klar, sondern diesig bis zart bedeckt mit Schleierwolken. Mir kommt das eigentlich entgegen, denn so wird es nicht zu heiß und ist recht angenehm – solange es nicht regnet. Es folgt ein ähnlich anstrengender Weg wie bei der Etappe von Üçaĝız nach Andriake, dieses Mal aber mit vollem Gepäck (einschließlich 2,5 l Wasser). Ich merke selbst, dass ich ziemlich langsam unterwegs bin, der Weg führt auf unterschiedlichem Untergrund über Felsen, über kleine Blockhalden, dann immer wieder auch durch Wald, und ist sehr oft steil.

Ich lege einige Päuschen ein und sehe immer wieder nach, wie weit ich inzwischen gekommen bin, und wieviel Uhr es ist, denn ich möchte unbedingt vermeiden, auf schwierigem Weg in die Dunkelheit zu kommen. Zwischendurch eine wahre Wohltat: ein praktisch ebener Pfad, zur Abwechslung einfach mal auf Erde als Untergrund. Etwa 1,5 km kann ich dann auch mal den Blick vom unmittelbaren Weg vor mir heben und das waldige Gebiet ansehen, das auch irgendwo in gemäßigteren Zonen fast genauso aussehen könnte.

Aber immer wieder wird es schwierig und besonders die Blockhalden nerven, ebenso wie die steilen und rutschigen Passagen abwärts. Die Stöcke sind hier unabdingbar. Bei einem der Päuschen fällt mir ein, dass ich auch mal etwas essen sollte und futtere innerhalb von wenigen Minuten die Packung Kekse weg,  die ich am Vortag in Üçaĝız gekauft hatte und die sehr verdächtig und überdeutlich nach süßer Banane schmecken. Wieder kommen mir einige Wanderer entgegen, unter anderem sogar eine kleine Gruppe mit türkischen jungen Leuten, alle vernünftig zum Trekken ausgestattet. So etwas gibt es mit Sicherheit noch nicht lange, die Türken sind zumindest bisher eigentlich keine Wanderer, die nur zum Vergnügen von A nach B gehen. Es ist schon späterer Nachmittag, und ich rate den jungen Leuten ab, noch ganz bis zum Leuchtturm zu gehen – das ist aller Voraussicht nach nicht mehr im Tageslicht zu schaffen, und im Dunkelm ganz sicher nicht zu empfehlen. Stattdessen sollten sie sich lieber bald ein Plätzchen zum Zelten suchen, was angesichts der vielen steilen Wegabschnitte ohne ebene Flächen schwierig genug sein könnte. Ich werde leider nie erfahren, wie das Grüppchen den Abend und die Nacht verbracht hat.

Endlich komme ich auf einer ebenen Fläche aus dem Wald heraus, und für heute gibt es keine weiteren steilen Passagen mehr. Vor mir sind 2 Russen angekommen, die ich am Morgen noch beim Startpunkt getroffen hatte; nun bauen sie gerade ihr Zelt auf der riesigen Wiese der ehemaligen Kamelfarm auf, die sich wirklich dafür geradezu anbietet. Auch fließendes Wasser gibt es. Ich gehe allerdings weiter und komme nach etwa 2,5 – knapp 3 km nach Adrasan und suche mir ein Hotel. Die Wahl fällt auf eines, das außen eine Flagge für den Wanderreiseveranstalter „Wikinger“ hat. Mein Entschluss seht auch schon fest, dass mein Ruhetag gleich morgen und nicht erst in Cıralı stattfinden soll.

Ich checke ein und genieße eine lange, gründliche Dusche mit sehr viel Duschgel, vertilge eine Riesenportion zum Abendessen und falle früh in mein zivilisiertes Bettchen.